It’s a German Sausage with a French Name

Kürzlich hatte ich im Rahmen der digitalen Jahrestagung der Louisiana Historical Association die Gelegenheit, einen Teil meiner Forschungen zur Côte des Allemands vorzustellen. Ausgehend von einer kritischen Diskussion der Forschungslage widmete ich mich dabei vor allem der Frage, warum deutschsprachige Migranten in französischen Kolonialakten des 18. Jahrhunderts fortwährend als tüchtig und fleißig beschrieben wurden, wohingegen die Leistungen der und die Verflechtungen mit den petits nations und den versklavten Afrikaner:innen nahezu vollständig ausgeblendet blieben. Im Beitrag argumentiere ich dafür, die Geschehnisse an der Côte des Allemands im Kontext einer Entangled History der Atlantischen Welt zu historisieren und somit auch die Akteursrolle oftmals marginalisierter Gruppen erkunden und in der Geschichte des kolonialen Louisianas sichtbar machen zu können. Der Vortrag ist nun auf dem Youtube-Kanal der Louisiana Historical Association frei zugänglich.

A People of “Patriotic Hearts”?

Wie reagierten die Deutschamerikaner auf den Beginn des Ersten Weltkrieges? Eine Reihe von Studien hat diese Frage in den letzten Jahren und Jahrzehnten bereits beantwortet, nun habe ich die einschlägigen Forschungen mit einem Artikel in der Zeitschrift Louisiana History um eine Perspektive erweitert. In New Orleans, wo diejenigen, die sich selbst als Deutschamerikaner bezeichneten, einen verschwindend geringen Anteil an der Gesamtbevölkerung ausmachten, versuchten die Interessenvertreter*innen der Deutschamerikaner, eine politische Koalition mit alteingesessenen Eliten zu schmieden, die die Unterstützung deutschamerikanischer Belange während und nach dem Ersten Weltkrieg weiterhin garantieren sollte. Explizit eingeschlossen in diese politische Koalition wurde die Gruppe der Iro-Amerikaner, explizit ausgeschlossen wurde die afroamerikanische Bevölkerung von Louisiana und New Orleans.

Im Jahr 1915 waren diese Versuche politischer Einflussnahme durchaus erfolgreich, wie u.a. das „Mass Meeting for the Furtherance of American Neutrality“ und der „Red Cross Bazaar” im Januar und April 1915 zeigen. Dies lag auch daran, wie die Forschung bereits für andere Regionen nachgewiesen hat, dass es den Deutschamerikaner zu diesem frühen Zeitpunkt des Krieges noch gelang, sich als „patriotische“ Amerikaner zu inszenieren.

Hübner, Andreas. „A People of ‚Patriotic Hearts‘?: German-Americans, U.S. Neutrality, and the Building of an Inclusive Coalition in New Orleans, 1915“, Louisiana History 60:3 (2019): 261–288. (peer reviewed)

Joseph P. Horner Memorial Library Fellowship

In seiner Herbstausgabe berichtet der „Neue Pennsylvanische Staatsbote“ über meinen Forschungsaufenthalt an der Joseph P. Horner Memorial Library in Philadelphia. Im Sommer dieses Jahres hatte ich hier als Horner Library Fellow die Gelegenheit, die Archivstudien für mein aktuelles Projekt, das sich mit der Situation der Deutschamerikaner in den USA während des Ersten Weltkrieges befasst, voranzutreiben. Neben der Horner Library nutzte ich auch die örtlichen Ressourcen der University of Pennsylvania und erkundete eher abgelegene Archive, wie die Schwenkfelder Library in Pennsburg, Pennsylvania, oder das Mennonite Heritage Center in Harleysville, ebenfalls Pennyslvania.

Philadelphia, Heimat von Charles John Hexamer und der National German American Alliance (NGAA), stellte, so viel zeigen die nun beginnenden Analysen der Quellen, einen Knotenpunkt deutsch-amerikanischer Aktivitäten während der Neutralitäts- und Kriegsphase in den Jahren 1914 bis 1918 dar. Drei Aspekte stechen auf den ersten Blick hervor: Erstens kooperierten die Deutschamerikaner der Stadt umfangreich und nachhaltig mit iro-amerikanischen Interessenvertretern und -gruppen. Zweitens nahmen Frauenhilfsvereine eine zentrale Funktion bei der Organisation und Durchführung pro-deutscher Aktivitäten ein. Drittens gelang es den Deutschamerikanern von Philadelphia trotz des Krieges ihre lokalen Interessen weiterhin erfolgreich zu vertreten. Diese ersten Befunde gilt es nun in einem Aufsatz dezidiert zu kontextualisieren, zu analysieren und zu diskutieren. Mein Dank gilt der German Society of Pennsylvania und dem Deutschen Historischen Institut in Washington, DC; die beiden Institutionen machten meinen Forschungsaufenthalt durch ihre Förderung überhaupt erst möglich.

 

Family Networks in Colonial Louisiana

20170113_122002Basierend auf einem Vortrag aus dem Jahr 2014 hat das Yearbook of German-American Studies kürzlich einen peer reviewten Artikel von mir veröffentlicht, der die Ausbildung von Familiennetzwerken im kolonialen Louisiana erkundet. Durch die Analyse von Tauf-, Heirats- und Sterbeeinträgen in Kirchenregistern wird in dem Aufsatz nachgewiesen, wie sich die kolonialen Akteure religiöse Akte und Institutionen aneigneten, um familiale Netzwerke im Louisiana des 18. Jahrhunderts zu produzieren und zu inszenieren. Der Artikel fokussiert dabei vor allem das Zusammenspiel von kapuzinischen Geistlichen und so genannten „petits habitants“, einfachen Siedlern, im Aufbau von Verwandtschaftsbeziehungen. Konzeptuell stellt der Beitrag damit eine Hälfte meines Versuches dar, die Anfertigung von Kirchenregistern im Rahmen einer generellen, kolonialen Wissensproduktion zu verstehen. Die zweite Hälfte dieses Versuches, in dessen Vordergrund die Aspekte „Migration – Familie – Macht“ stehen, wird ebenfalls in Kürze in einem Sammelband des Arbeitskreises für Historische Familienforschung erscheinen.

Hübner, Andreas. „Family Networks in Colonial Louisiana: Evidence from Eighteenth-Century Parish Records“. Yearbook of German-American Studies 50 (2015): 59–73. (peer reviewed)

Dianne Woest Fellowship 2016/17

20160819_002Bereits im Februar wurde ich mit dem Dianne Woest Fellowship der Historic New Orleans Collection ausgezeichnet. Vor einigen Tagen bin ich nun in New Orleans eingetroffen und werde hier dank des Fellowships in den Monaten August und September an einem neuen Forschungsprojekt arbeiten können: Für die Periode von 1890 bis 1919 untersuche ich die Geschichte der deutsch-amerikanischen Gemeinschaft von New Orleans. Dabei konzentriere mich in vor allem auf die Entwicklungen während des Ersten Weltkrieges. Im Speziellen will ich erfassen, wie in Krisenzeiten Identitäten konstruiert (bzw. dekonstruiert) und identitäre Zuschreibungen vorgenommen werden. Für den konkreten Fall vermute ich, dass sich die identitären Fremd- und Selbstzuschreibungen zu den Deutsch-Amerikanern im Laufe des Ersten Weltkrieges wandelten, auch weil diese sich nun anders wahrnahmen und wahrgenommen wurden. In Ergänzung zu bisherigen Forschungen werde ich für die Studie neben herkömmlichen Quellenmaterialien, wie printmedialen Dokumenten, legislativen Vorgaben und institutionellen Spuren, auch versuchen, Autobiographien, Korrespondenzen und Oral Histories einzubeziehen.