Seit Längerem interessieren mich die Mechanismen der kolonialen Wissensproduktion. Dadurch ist im Rahmen meiner Studien zur Côte des Allemands auch der Themenkomplex „Kolonie, Kirche und Familie“ immer wieder ins Zentrum der Untersuchungen gerückt. Beim Blick in die Überlieferungen fiel mir stets die Einpassung sogenannter „deutscher“ Familien in die koloniale Wissensproduktion sowie in die kolonialen Machtbeziehungen ins Auge. Dabei wurde die Familie als universeller Referenzpunkt gesetzt, diese Setzung in der Forschung bisher aber kaum hinterfragt. Dies überrascht durchaus, stellte sich die der Kolonialisierung Louisianas zugrunde liegende Migration doch zunächst als Familien-zersetzendes Projekt dar: Unzählige Akteure kamen auf dem Weg nach Louisiana ums Leben oder starben nach ihrer Ankunft an den Stränden des Golfs von Mexiko aufgrund mangelnder Versorgung. Familien wurden zerrissen und teils komplett zu Grabe getragen. Erst nach einer Phase der Konsolidierung entstanden nach 1721 neue Familien und Familiennetzwerke, die auch die Machtbeziehungen der jungen Kolonie widerspiegelten.
Der Repräsentation und Inszenierung dieser Machtbeziehungen in Kirchenregistern bin ich nun in einem Beitrag nachgegangen, der im Oktober 2017 in einem Sammelband mit dem Titel Migration und Familie erschienen ist. Herausgegeben von Meike Baader, Wolfgang Gippert und Petra Götte vereint der Band historische und aktuelle Analysen des Schwerpunktes „Familie und Migration“ und basiert auf einer Tagung des Arbeitskreises „Historische Familienforschung“ aus dem Januar 2015.
Der Beitrag ist als Pdf-Datei verfügbar.
Hübner, Andreas. „Kolonie und Familie: Die Kirchenregister der Côte des Allemands und die Ausbildung familialer Netzwerke im Louisiana des 18. Jahrhunderts“, in Migration und Familie: Historische und aktuelle Analysen, hrsg. v. Meike Baader, Wolfgang Gippert und Petra Götte. Wiesbaden: VS Springer, 2017. 21–38.